Zusatzvisiersystem für den SUUNTO-Kompass

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von V. Weissensteiner und C.Trüssel

Kompass mit Plexiglaszylinder
Kompass mit Plexiglaszylinder
Kennst Du das Problem beim Ablesen von steilen Messstrecken – die nötige „gedankliche“ Verlängerung des Peilstriches? Die Montage zweier einfacher Plexiglaszylinder auf dem Kompass (siehe Bild) eliminiert diese Fehlerquelle weitgehend. Das System wurde z.B. im Stalaktit(41,1,1991 und 45,1,1995) beschrieben und hat sich sehr bewährt.

VermesserInnen aufgepasst, so funktionierts:

Anwendung Messzylinder
Anwendung Messzylinder

Infos/Fragen: Rolf Siegenthaler oder Christian Bieri

Problemstellung

Die Auswertung von Höhlenvermessungen mittels flüssigkeitsgedämpftem Kompass zeigen, dass neben den bekannten magnetisch bedingten Fehlern (Ablenkung) und der falschen Gerätehaltung jene der ungenauen Einrichtung des Kompasses bei steiler Ziellage am grössten sind. Eine Zielvisur und Ablesung des Gerätes ist in diesem Fall nicht mit einem Blick möglich. Die hier beschriebene Zusatzeinrichtung beseitigt diese Schwierigkeit und bewirkt eine sehr genaue Messung. Die Vorrichtung selbst beruht auf Reflexion und Beugung des Lichtes am Glaszylinder (Glasstab). Die erfolgreiche Erprobung des Prototyps erfolgte bereits 1983 anlässlich einer Expedition in das „Frauenmauer-Langstein-Höhlensystem“. Die starre Zusatzeinrichtung ist allen beweglichen weit überlegen. Die Abbildungen zeigen die Einrichtung an einem „Suunto“-Gerät.

Aufbau

„Suunto“-Kompass mit Zusatzeinrichtung
„Suunto“-Kompass mit Zusatzeinrichtung
Zur Anwendung gelangen zwei Glasstäbe von etwa 5 bis 6 mm Dicke, die ober und unterhalb des Kompasses angebracht werden. Folgendes gilt es zu beachten:

  1. Die Achse des Glasstabes muss genau im rechten Winkel zur optischen Achse des Gerätes stehen und gleichzeitig parallel zur Horizontalebene des Gerätes sein.
  2. Zwischen den beiden Glasstäben ober- und unterhalb de Gerätes soll jeweils ein Spalt von l bis 3 mm fürs visiren frei bleiben.
  3. Die Lange des Glasstabes muss nicht die ganze Breite des Messgerätes betragen. Die zwei- bis dreifache Lange des Okulardurchmessers vom Gerät genügt in etwa.
  4. Die Verwendung eines Halbkreiszylinders wäre ebenso möglich. Versuche ergaben jedoch negative Ergebnisse (zu geringe Lichtstärke).
  5. Die Glasstäbe sollen in einer vertikalen Ebene mit der Okularlinse des Gerätes angebracht sein.
  6. Die Befestigung mit verschraubter Halterung an beide Enden des Glasstabes ist die beste. Eine Montage mit Schnellklebern hält bei der rauhen Handhabung in der Höhle nicht lange.
  7. Als Material für den Zylinder ist Glas, aber auch Plexiglas (in Stäben) geeignet.

Funktion

Abb. 1: Seitenansicht
Abb. 1: Seitenansicht
Abb. 2a und 2b: Gekippte Lage des Kompasses
Abb. 2a und 2b:
Gekippte Lage des Kompasses
Abb. 3a-3c: genaue Messung
Abb. 3a-3c: genaue Messung
Bei Neigungen, die kleiner als plus 85° beziehungsweise minus 85° sind, wird die Richtung leicht und genau erfasst (Abb. 1) Da vom Zielpunkt kommende Licht wird auf dem Glasstab (oberhalb oder unterhalb des Gerätes) als vertikaler Lichtstrich sichtbar. Dieser liegt in horizontaler (aber auch in gekippter) Lage de Kompasses immer (!) mit dem Zielpunkt in einer Ebene und steht auch immer (!) im rechten Winkel zur Zylinderachse (Abb. 2a und 2b). Liegen dieser Lichtstrich und der Visurstrich des Gerätes in einer (vertikalen) Linie, erfolgt eine genaue Ablesung der Richtung (Abb. 3a). Die geringsten Verdrehungen des Gerätes in der Horizontalebene zeigen sich im Ausweichen des l.ichtstriches auf dem Glasstab nach links oder rechts vom Visurstrich des Gerätes (Abb.3b und 3c). Was geschieht, wenn das Gerät nach links oder rechts gekippt wird? Die Messung stimmt nicht, da die Kompassscheibe schleift beziehungsweise hängen bleibt. Die Kippung erkennt man daran, dass der Visurstrich des Gerätes und der Lichtstrich auf dem Glasstab nicht fluchten, sondern auf schräg parallelen Geraden liegen (Abb. 2a und 2b). Die Kippung der Kompassscheibe nach vorne beziehungsweise nach hinten ist wie bisher beim Blick durch die Geräteoptik zu erkennen und durch Änderung der Haltung korrigierbar. Damit kein Störlicht vorhanden ist, darf die Beleuchtung des Messgerätes nur schräg von der Seite erfolgen. Bei langen Messstrecken ist die Verwendung einer fokusierten Lampe am Zielpunkt wichtig, die genau auf das Messgerät leuchtet. Ansonsten wird der Lichtstrich auf dem Glasstab zu dünn und nur schwer erkennbar. Konkurrierende Lichter am Zielort werden entweder abgedreht oder abgedeckt. Es empfiehlt sich, eine farbige Lichtquelle (orangerot oder grün) zu verwenden. Eine genaue Messung ist nur möglich, wenn die zuvor genannten feststellbaren Fehlerquellen beachtet und beseitigt werden.

Konstruktions- beschreibung

Abb. 4: Konstruktionszeichung
Abb. 4: Konstruktion
Nach der Publikation der praktischen Kompass-Zusatzeinrichtung in der österreichischen Zeitschrift „Die Höhle“ haben wir drei „Suunto“-Bussolen umgebaut. Sie stehen inzwischen erfolgreich im Einsatz. Ohne Zweifel ist eine optimierte und zugleich schnelle Messung möglich.
Beim Anbringen der Zusatzeinrichtung muss sorgfältig und präzise gearbeitet werden. Nachfolgend sei eine von verschiedenen Konstruktionsmöglichkeiten wiedergegeben (Abb.4): Das „Suunto“-Gehäuse besteht aus einer massiven Aluminiumnlegierung. Die Löcher (2,4 mm Durchmesser) für die Befestigungsschrauben lassen sich deshalb nach dem Anreissen und Körnen problemlos durchbohren. Anschliessend werden die M3-Gewinde mit einem entsprechenden Gewindeschneidset von beiden Seiten bis in die Mitte des Gehauses geschnitten. Danach fertigen wir die 10 mm langen Halterungen für die Plexiglasstäbchen aus einem 10 mm dicken Alu-Rundstab an. Axial bohren wir zentrisch ein 3mm-Loch für die Befestigungsschraube aus Messing oder nichtmagnetischem Stahl und genau rechtwinklig dazu in der Mitte ein 6mm-Loch für das Plexiglasstäbchen. In diese Löcher gilt es, die auf 35 mm abgelängten Stäbchen zu stecken, bis sie mit der Aussenseite der Halterung bündig sind. Diese durchbohren wir ebenfalls mit einem 3mm-Bohrer.

Die erste Zusatzeinrichtung, die auf der Oberseite des Kompasses befestigt wird, besteht aus zwei Halterungen und einem Plexiglasstäbchen. Die zweite ist mit der ersten identisch, wird aber auf der Geräteunterseite montiert. Beide Vorrichtungen verschrauben wir mit zwei Flachkopfschrauben. Wenn die Plexiglasstäbchen genau rechtwinklig zur Gehäuseachse und parallel zur Gehäuseachse angebracht sind, ist der Kompass einsatzfähig.

Alternativ kann die in (Abb.4) gezeigte Konstruktion für den seriellen Umbau vereinfacht werden: Durch den Kompass wird neu ein Loch mit Durchmesser 3.0 mm gebohrt. Das obere Glashalteteil ist ebenfalls ganz durchbohrt und im unteren Glashalteteil wird ein M3 Gewinde eingeschnitten. Das Ganze wird mit einer Senkkopf-Messingschraube M3x30 verbunden.

Das Lederetui des „Suunto“-Kompasses lässt sich weiterverwenden. Es sind nur kleine Anpassungen nötig. Damit ist der sichere Transport in der Höhle gewährleistet, und da Gerät hat weiterhin in der Brusttasche Platz. Bei den Vermessungsarbeiten kann die Karbid-Helmbeleuchtung beibehalten werden. Mit der Karbidflamme oder einer kleinen Taschenlampe kann der anzuvisierende Messpunkt ausgezeichnet markiert werden.

Die SGHB hilft Dir beim Umbau Deiner Messgeräte!

Quellennachweis

Der Beitrag von Volker Weissensteiner stammt aus: “ Eine Zusatzeinrichtung für den Flüssigkeitsgedämpften Kompass“, „Die Höhle – Zeitschrift für Karst- und Höhlenkunde, Nr. 4/1989, Seiten 114 – 117 herausgegeben vom Verband österreichischer Höhlenforscher, Wien. Abdruck im Stalaktit mit freundlicher Genehmigung der Redaktion.

Dieser Artikel wurde publiziert im Stalaktit, der Zeitschrift der Schweizerischen Gesellschaft für Höhlenforschung, und wird hier widergegeben mit freundlicher Genehmigung von C. Trüssel:

WEISSENSTEINER, V. & TRÜSSEL, Cl.
(1991): Ein nützliches Visiersystem für den Kompass. Un dispositif de visée très pratique pour les boussoles. – Stalactite 41 (1): 32-34.